8. Mai – arbeitsfrei! Zeit für Antifaschismus! – Ein Kommentar
Erika Steinbach ist wieder da. Zum 8. Mai, dem 75. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, sprach sich die ehemalige Vertriebenen – Vorsitzende und aktuelle Vorsitzende der AfD-Stiftung Desiderius-Erasmus gegen den 8. Mai als nationalen Feiertag aus. Sie schlug stattdessen den 9. November vor. Denn, so behauptet sie, am 9. November 1989 sei Europa tatsächlich befreit worden.
Es ist so schrecklich abstoßend, wenn jemand, besonders eine Deutsche, den 9. November feiern möchte. Denn in den letzten 100 Jahren war das beileibe kein einfaches Datum, eher eines der denkwürdigsten. Begonnen mit der Ausrufung einer Republik am 9. November 1918. Schon hier fällt eine eindeutige positive Bewertung schwer, wenn man sich vor Augen führt, was für reaktionärer Backclash in den darauffolgenden Wochen stattfand, der mit der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht endete. Der 9. November 1923 hingegen ist sehr eindeutig. Adolf Hitler und der ehemalige General Erich Ludendorff versuchten sich gewaltsam an die Macht zu putschen. Auch wenn ihr „Marsch auf Berlin“ misslang, so erklärte er zehn Jahre später, also nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialist*innen, den 9. November zu einem Gedenk- und Feiertag. Steinbach scheint also in guter Gesellschaft zu sein. Der wohl blutigste 9. November war aber jener von 1938, als in der sogenannten Reichspogromnacht tausende jüdische Geschäfte brannten und Zehntausende Jüd*innen in KZs verschleppt worden.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein nerviger Tag für deutsche Nationalist*innen. Da hilft es auch wenig, dass zufällig ebenfalls am 9. November 1989 die Berliner Mauer fiel. Niemand bestreitet, dass das Ende des diktatorischen Unrechtsstaates DDR für viele Menschen die so lang ersehnte Befreiung von Willkür und Repression war. Aber diesem Umstand wird bereits völlig unkritisch und mit vielen Fähnchen jeden 3. Oktober gedacht. Der Versuch Steinbachs jedoch, den 9. November als „Tag der Befreiung“ zu feiern, ist ein ekliger Versuch insbesondere den 9. November 1938 aus dem kollektiven Gedächtnis zu drängen. Gleiches gilt für die erst kürzlich getätigte Absurdität von einer weiteren AfD-Persönlichkeit, die den 2. Weltkrieg scheinbar lieber gewonnen hätte, Alexander Gauland. Er hat den 8. Mai als Feiertag mit der Begründung abgelehnt, dass er für die Deutschen ein „Tag der absoluten Niederlage […] und des Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit“ gewesen sei. Wer so redet, steht auf der falschen Seite der Geschichte.
Dabei ist der antifaschistische 8. Mai als Feiertag so richtig wie wichtig. Die Genoss*innen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) haben daher eine unterstützenwerte Petition gestartet, die fordert, den 8. Mai zum Feiertag zu erklären. Denn es ist in Deutschland schon lange und nicht erst seit diesen zwei geschichtsrevisionistischen Gestalten nötig, sich gegen Rechtsextremismus zu positionieren. Wann geht das also besser als an einem dedizierten Feiertag? Unterschreibt doch auch, damit es bald heißt „Achter Mai – arbeitsfrei! Zeit für Antifaschismus!“.
Hier geht es zur Petition: https://www.change.org/p/8-mai-zum-feiertag-machen-was-75-jahre-nach-befreiung-vom-faschismus-getan-werden-muss-tagderbefreiung-bkagvat-bundesrat?fbclid=IwAR2y7mJ4K3P-XwJvgX4LMDaXTfjnVWh7bu-xl2GWgktZ59P-cJ9RMfH1TWI