Proms-Sommertagung „Linkes Werk & rechter Beitrag“ am 5. & 6. September 2020 in Kiel

Teil 3: „Bedeutung staatlicher Intervention und Prävention zur Bekämpfung von Rechtsextremismus“

Die Sommertagung von Proms Nord e.V. stand in diesem Jahr unter dem Motto „Linkes Werk und rechter Beitrag“. In Anlehnung an John Irvings Roman „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ sollte erschlossen werden, ob sich rechte und linke Politik gegenseitig bedingen, es also eine Wechselbeziehung gibt. In dieser Reihe wollen wir die Tagung Revue passieren lassen. In den ersten beiden Teilen wurden Verschwörungserzählungen und Antisemitismus sowie drei Thesen zur Erklärung, was linke und rechte Politik unterscheidet, behandelt. Dies ist der dritte Teil.

Am zweiten Tag der Tagung wurde der Stormarner SPD-Landtagsabgeordnete und Sprecher seiner Fraktion gegen Rechtsextremismus, Tobias von Pein per Video zugeschaltet und diskutierte mit den Teilnehmenden über die Möglichkeiten staatlicher Gegenmaßnahmen zum gesellschaftlichen Rechtsruck. Er berichtete zunächst vom Landesprogramm für Demokratie, das zu Beginn der Küstenkoalition aus SPD, Grünen und SSW im Jahr 2012 unter Eindruck der Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe NSU eingerichtet wurde. Entsprechende Angebote wären jedoch vor allem präventiv tätig und hier stelle sich die Wirksamkeitsfrage. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Wirksamkeit präventiver Angebote statistisch zwar schwer zu fassen ist, dies jedoch kein Grund sein darf, eine so wichtige Arbeit nicht trotzdem zu leisten. Zwar sei auch der Verfassungsschutz mittlerweile zugänglicher zu den Ergebnissen der Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung oder vergleichbaren Studienergebnissen, doch würden noch immer alle Bereiche der „Extremismusbekämpfung“ als Einheit gedacht und menschenfeindliche Einstellungen nicht als gesondertes Phänomen, das leider auch in der Mitte der Gesellschaft Verbreitung finde. Im Laufe dieser Debatte konnten die Diskutand*innen Argumente aus den vorangegangen Workshops miteinander verknüpfen, etwa warum die Extremismustheorie vor allem in den Sicherheitsorganen noch so viel Verbreitung finde. Die Coronaproteste wurden ebenfalls erneut thematisiert, etwa wenn sich ihre Protagonist*innen mit Politiker*innen verbünden wollen, um ihre Agenda durchzusetzen. Hier besteht die Möglichkeit einer neuen Bürger*innenbewegung von rechts. Jedoch sei die Sozialdemokratie heute, 20 Jahre nach New Labour, kaum noch in ihren Milieus verankert und trotz der Möglichkeiten direkter digitaler Kommunikation, nutzten immer weniger Bürger*innen den direkten Draht zu ihren lokalen Abgeordneten. Dabei müsse die Sozialdemokratie wieder deutlich bewegungsorientierter werden als sie es heute sei. In diesem Zusammenhang wurde auch die scheinbar endlose Große Koalition kritisiert, zu der sich keine Alternativen mehr ergäben.

Abschließend hat die Veranstaltung gezeigt, dass eine intensive politische Debatte auch in Coronazeiten möglich ist, wenn man nur kreativ mit den Begebenheiten umgeht und ein spannendes Thema über zwei Tage in Breite diskutieren kann. Mit den Erkenntnissen dieser Tagung wollten wir gerne in das zweitägige Seminar Ende November gehen. Leider muss das Seminar wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Sobald wir wissen, wann es genau nachgeholt wird, findet man auf unserer Homepage alle Infos.